Anarchy in the…

Revolte heißt, auch dann auf Weichmacher zu verzichten, wenn der Stoff, aus dem die eigenen Träume sind, zu kratzen beginnt. Und ja: Die ersten vierzig Jahre der Kindheit sind die härtesten. PUNKt.

illustration_christina_burger
The clash of the egos – Illustration von Christina Burger

Empörung ist krass

Kapitalismus verarscht. Wir sollen bereits im Kindergarten müssen, was andere wollen und uns spätestens in der Schule als Teil einer Ordnung begreifen, der haben möchte, was sich andere wünschen könnten. Herausragende Noten, zum Beispiel. Oder Ritalin. Ist das Bildungsniveau bescheinigt, prügeln wir uns um Jobs, die jede*r will und keine*r bezahlt. Echten Abenteuern entfremdet, fällt dabei kaum noch ins Gewicht, dass sich die Abziehbilder im Kopf längst auf Selbstoptimierung herunterbrechen lassen, während der Mittelfinger der Produktionsbrigade – tick – im Hals stecken bleibt – tack.

Zerstörung war krasser

I Wanna Be Me, wie die Sex Pistols die B-Seite ihrer 1976 erschienenen Single nannten, geht anders. A wie Anarchie auch. Was die Kinder der Arbeiter*innenklasse vierzig Jahre vor Brexit dazu antrieb, sich nicht mehr auf die Auswirkungen der herrschenden Rezession reduzieren zu lassen, beschäftigt dieser Tage, und wie könnte es auch anders sein, den Mainstream. Also ein Instrument, das der Masse Lebenslust diktiert, während der Boulevard brennende Langeweile mit Hello Kitty Pflastern verarztet. Atmungsaktivität ausgeschlossen? Keine Ahnung. Fragen Sie Dr. Google.

GOD Save The QUEEN

Ja, richtig gelesen. Inzwischen sind wir nicht nur weichgespült, sondern per Sie. Wegen der Abgrenzung. Ich meine, wer will schon auf Du und Du sein, mit diesen wehleidigen Wutbürger*innen, die, um zu wissen, wie es ihnen geht, „das Internet“ befragen. Also das, was laut Werbefernsehen Gefahr läuft, von Mama „gelöscht“ zu werden. Revolte in HD oder wie? Konzipierte Zerstörung goes Hauptabendprogramm oder was? Aber Moment mal. Echt jetzt? Nur Mutti Wants To Destroy?

THE FASHION REGIME

Apropos Mütter. Vivienne Westwood ist auch eine. Nur Punk ist sie nicht mehr. Wie so viele eben. Aber reicher. Mode und so. Eine Erscheinung ist sie trotzdem. Genau wie Punk, sagen Sie? Oder wollen Sie jetzt sagen müssen, das, was von der Bewegung überhaupt noch übrig war, bevor Joe Corré Muttis, nein Vatis, nein sein Erbe exakt vierzig Jahre nach Anarchy in the UK medienwirksam abgefackelt hat? Nun ja. Verhungern wird er trotzdem nicht. Papa Malcolm McLaren, der den Song als Statement der Selbstbestimmung bezeichnet und sich selbst als Erfinder der Sex Pistols verkauft haben soll, wäre vielleicht stolz. Oder auch nicht. Drauf geschissen, sagen Sie? Wurde auch Zeit.

Links:

http://www.srf.ch/kultur/netzwelt/london-feiert-40-jahre-punk-ein-bisschen-anarchie-im-netz

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=63192

http://punk.london/

 

Erstveröffentlichung: WestPoint – Das Konzert- und Szenemagazin Westösterreichs 

Aktuelle Ausgabe soeben erschienen!