Interview Neumarkt

Elisabeth Edlinger-Pammer hat mich interviewt. Es war mir ein Volxfest.

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Neumarkt · Jahrgang 4 · 1/2018 · April 2018

Ein Interview mit der Autorin Isabella Krainer anlässlich der Lesung im Neumarkterhof, die durch das Vocal-Trio stimmlich exzellent umrahmt wurde.

Felix Mitterer hat einmal in einem Interview gesagt: „Der Anfang ist entsetzlich für jeden Autor. Ich weiß das Ende öfter als den Anfang.“ Wie geht es Dir mit dem Beginn einer Geschichte?

Mit dem Beginn einer Geschichte geht es mir ein bisschen so wie im echten Leben. Nehmen wir zum Beispiel den Anfang einer Beziehung her. Ist man zu aufgeregt oder zu patschert, um das Objekt der Begierde mit Worten zu beeindrucken, lacht man später vielleicht sogar zu zweit darüber. Schafft man es, über sich selbst zu lachen, ist auch nicht viel passiert und hat man gar nichts mehr zu lachen, muss man damit wenigstens nicht bis zum bitteren Ende warten. Alles andere ist Übung.

Apropos Beziehungen. In der Kurzgeschichte „Bodenpersonal“, die man auf deiner Homepage nachlesen kann, streitet sich ein Paar am Frühstückstisch bei „Gluten, Lactose und der passenden Intoleranz“. Bevor der Grund des Streits klar wird, verweist du darauf, dass sie kürzlich erst aufs Land gezogen sind. Ein versteckter Hinweis darauf, dass du am Land mehr Intoleranz verortest?

Was den Text angeht, nein. In der Geschichte geht es einfach um zwei Menschen, die aneinander vorbei reden. Dass sie längst aneinander vorbei leben, hat allerdings sehr viel mit Intoleranz zu tun. Oder sagen wir, mit einer verzweifelten Ich-Bezogenheit, die auch nicht mehr bringt, als das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein. Um intolerant zu sein, braucht es meiner Meinung nach aber nicht einmal ein Gegenüber. Dafür reicht es schon, sich selbst nicht zu mögen.

Du warst lange Zeit weg und bist wieder nach Neumarkt zurückgekehrt. Was bedeutet „Heimat“ für dich?

Viele meiner Texte behandeln das Thema Heimat, ohne das Wort zu nennen. Dass ich so lange ohne dieses Wort ausgekommen bin, hat wahrscheinlich damit zu tun, es nicht vermisst zu haben. Im Unterschied zu diesem überladenen Begriff, habe ich mein Daheim aber schon sehr vermisst. Sonst wäre ich nicht wieder da.

Gab es so etwas wie eine „beste Entscheidung“ auf deinem Weg?

Ich würde sagen, bei mir gab es drei beste Entscheidungen. Die erste war, von hier wegzugehen, die zweite war, wieder nach Hause zu kommen und die dritte war und ist, sich nicht zu viele Gedanken über schlechte Entscheidungen zu machen. Das kostet nur Energie.

Du hast Deine Lesung Frauenstimmen genannt und mit dem Untertitel Texte, Töne, Tellerrand versehen. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Nachdem das Vokal-Trio rund um Hannah Bacher, Anja Jandl und Lena Gruber zugesagt hat, meine Texte musikalisch zu umrahmen, lag der Titel für mich auf der Hand. „Vier Frauen und ein Tonfall“ hätte mir auch gefallen, wäre den Kontrasten des Programms aber nicht gerecht geworden. Eintönigkeit stutzt uns nur die Flügel.

Braucht es Deiner Meinung nach vermehrt starke Frauenstimmen?

Selbstverständlich. Frauen verrichten Arbeiten, die nicht gesehen, geschweige denn, bezahlt werden. Man tut ja zum Beispiel so, als ob sich Frauen, die ihre Angehörigen pflegen, dazu „berufen“ fühlen würden. In Wahrheit redet man damit aber nur schön, dass Gemeinschaft nach wie vor auf Ausbeutung basiert. Dagegen schreibe ich an.